Geschichte

 

130 Jahre besteht der Spielmannszug Freckenhorst 1892 e.V. mittlerweile, das ist eine stolze Zahl, die die wenigsten Musikformationen in der Bundesrepublik vorzeigen können. Die Gründung und Entwicklung des Spielmannszuges ist eng verwoben mit der des Bürgerschützenvereins Freckenhorst. Gemeinsinn und Brauchtumspflege sind starke Kulturwerte im Münsterland. Die Festumzüge wurden seit jeher von Musikanten begleitet, Aufrufe und Weckrufe zu den Festtagsveranstaltungen zählten zu den ureigenen Diensten, die Spielmannszüge für die Schützenvereine erbrachten.

In der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Spielmannszuges Freckenhorst 1892 e.V. hat Klaus Gruhn die lange und sehr abwechslungsreiche Geschichte des Spielmannszuges – mit zahlreichen Quellen belegt – dargelegt.

Im 19. Jahrhundert lebten alte Schützentraditionen und Schützenfeste auf, 1836 wurde in Freckenhorst das erste Schützenfest begangen. Der Spielmannszug Freckenhorst 1892 e.V., wie er noch heute besteht, wurde zum 50. Schützenfest in Freckenhorst begründet. Sein Zweck war die musikalische Ausschmückung des Schützenfestes, er hieß „Trommler- und Pfeifercorps“. Der Gastwirt Heinrich Heuer versammelte zur Gründung Mitglieder der Bürgerschützen, die Freude an Musik und musikalische Kenntnisse aufboten, er selbst gab den Tambourmajor. Zum Jubiläumsschützenfest 1892 sollte erstmalig gespielt werden, es wurde jedoch abgesagt: Anfang Juli 1891 ging über der Region ein schweres Hagelunwetter mit verheerenden Gebäude- und Ernteschäden nieder. Der folgende Winter war obendrein lang und hart, so dass viele Bürger in richtige Not gerieten. Zum Feiern und Jubeln war den wenigsten Freckenhorstern zumute.

Das Fest zum musikalischen Einstieg des Trommler- und Pfeifercorps musste bis zum Sommer 1893 warten, doch kam die neue Musiktruppe so gut an, dass sie alle folgenden Schützenfeste mitgestaltete.
Schon früh hat der Spielmannszug gute Kontakte zu anderen Vereinen des Ortes gepflegt. 1906 übernahm Johann Kortmann den Spielmannszug als Tambourmajor, da war die Musiktruppe bereits ein gefestigter Verein, der ins Vereinsleben und die Brauchtumspflege voll eingebunden war. Die enge Bindung an den Schützenverein beweist das Kassenbuch des Bürgerschützenvereins, so Klaus Gruhn in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen. Hier finden sich Kassenposten für Instrumente und Tambourmajorstäbe der Spielleute und Gagen fürs Aufspielen.

Wechselvoll bleibt die Geschichte des Spielmannszuges in den nächsten Jahrzehnten: Männer jeden Alters wurden ab 1914 an die Front beordert. Nach dem 1. Weltkrieg übernahm Heinrich Zwoll den Tambourmajorstab, die alten Musiker taten sich mit Mitgliedern einer Jugendgruppe von Priester Heinrich Vornefeld zusammen und spielten fortan.

1922 übernahm Bernhard Hollmann die Trommler und Pfeifer. Die Zwanziger brachten mit ihren Währungsturbulenzen neue wirtschaftliche Nöte für die Bürger. Das Trommler- und Pfeifercorps bestand zwar, traf sich aber, so Klaus Gruhn, eher lose zum Üben, ein Instrument musste sich jeder selbst beschaffen. Die Gemeinschaft wirkte eher nach innen mit geselligem Leben und die Männer spielten zu den Veranstaltungen der Bürgerschützen ihre Märsche.

Im Dritten Reich änderte sich das Äußere der Spielleute, militärisch anmutende Uniformen und national gesinnte Marschmusik gehörten jetzt selbstverständlich zum Auftreten. Mit dem Kriegsbeginn begann eine Zwangspause für den Spielmannszug. Nach 1945 nahm der Spielmannszug erst nach der Währungsreform seine Arbeit wieder auf. Das Wirtschaftswunder ließ die Bürger ihre zivilen Tugenden und ihren Gemeinsinn wiedererkennen, z.B. sind 1961 die Trommler und Pfeifer beim groß angelegten Jubiläumsschützenfest zum 125-Jährigen dabei.

Als 1962 Bernhard Hollmann starb, ging eine ganze Epoche zu Ende, nur einige altgediente Trommler und eine kleine Flötistengruppe waren noch da, der Fortbestand des Spielmannszuges war in Gefahr. Vorstände der Bürgerschützen überzeugten Heinz Sölling aus ihren eigenen Reihen, den Posten zu übernehmen und sich schnell als Tambourmajor zu schulen. Es klappte, es fanden sich neue Mitglieder, Instrumente wurden mit Spendenmitteln beschafft und 1964 war der Spielmannszug wieder wie gewohnt bei den Festen dabei. Zwei Effekte zeitigte diese Krise: zum einen gab sich der Spielmannszug erstmalig eine richtige Satzung, zum anderen wurde fortan offensiv um Nachwuchs geworben.

1967, im Jahr des 75-jährigen Jubiläums, waren so viele Nachwuchsspieler da, dass ein Kinderspielmannszug gegründet wurde, dessen Ausbildung Hermann Jansen und Josef Wargel übernahmen. Der Spielmannszug erfuhr in den 60-er und die 70-er Jahren eine erfreuliche und beständige Entwicklung, die Anzahl der Auftritte wuchs stetig an und die Rolle im Gemeinwesen der Stiftsstadt war gefestigt. Innerhalb des Musikzuges banden Ausflüge und gemeinschaftliche Aktivitäten die ganze Familie ein. Der Spielmannszug verlangte den Mitgliedern mit den Auftritten viel ab, gab aber auch viel Anerkennung und Gemeinschaftsgefühl zurück. Mit wachsenden Anforderungen durch die zahlreichen Auftritte und das zu übende Pensum ergaben sich Dissonanzen um das Engagement. Es traten Mitglieder aus und der Vorstand erfuhr Umbesetzungen. Josef Wargel wurde Ersatztambourmajor und 2. Vorsitzender. Ein Wachwechsel stand an und 1979 wurde Josef Wargel zum Vorsitzenden gewählt. Bis 1983 lenkte er die Geschicke des Spielmannszuges, viele Beitritte neuer Mitglieder und ein großes Musikfest zum 90-Jährigen schmücken seinen Vorsitz.

1984 trat Karl Schmidt als 1. Vorsitzender in die Fußstapfen Wargels. Als Urgewächs aus dem Kinderspielmannszug und mit vielen neuen Ideen wurde er zum Wegbereiter des heutigen Spielmannszuges, der erfolgreich mit der Zeit geht, ohne die alten Tugenden zu vernachlässigen. Heinz Althaus übernahm 1996 den Vorsitz, sowie ab 2001 auch die musikalische Leitung im Spielmannszug Freckenhorst. Seit dem hat er maßgeblichen Anteil am Umbau vom traditionellen Spielmannszug zum heutigen modernen Spielleuteorchester.

(Auszüge/Text: „Von den Anfängen zum Traditionsmusikzug“ Festschrift 125 Jahre, Christine Karras)

Festschrift 125 Jahre